bookmark_borderRenaturierung von Flüssen

Die Renaturierung von Flüssen ist die Rückführung von Gewässern in ihren ursprünglichen Zustand, um ihr Ökosystem wiederherzustellen. Welche Maßnahmen dabei ergriffen werden und welche Interessenskonflikte dabei entstehen, erklären wir im Folgenden.

Flüsse sind komplexe Ökosysteme. Indem sie uns mit Wasser und Nahrung versorgen, bilden sie nicht nur für uns eine Lebensgrundlage, sondern auch für viele Tier- und Pflanzenarten. Sie tragen zum Abbau chemischer Stoffe, sowie zur Reinigung unseres Abwassers dar und ihre Auen schützen umliegende Gebiete vor Hochwasser. Allerdings gibt es kaum mehr naturbelassene Gewässer in Deutschland.

Seit Menschengedenken wird in den natürlichen Haushalt von Flüssen eingegriffen. Über 90% der deutschen Gewässer werden vom Menschen manipuliert und weisen deshalb Begradigungen, Verrohrungen und Betonrinnen auf. Wir nutzen Flüsse für den Schiffsverkehr, betreiben Fischerei und für das Entledigen unseres Abwassers. Für die Betreibung von Ackerbau und Städtebau werden ganze Flussläufe verengt oder umgeleitet. Der Eingriff des Menschen in die Natur hat erhebliche Auswirkungen auf das sensible Ökosystem. Er trägt zur Verarmung bis zur Zerstörung ganzer Tier- und Pflanzenwelten bei .

Renaturierung ist der Versuch, veränderte Natur zu ihrem ursprünglichen Zustand zurückzuführen.Meist genügt nur ein Anstoß, wie das Entfernen von Beton, damit eine eigenständige Renaturisierungsdynamik der Natur einsetzt. Allerdings können auch ganze unterirdische, kanalisierte Gewässer wieder offengelegt werden. Damit sich die Natur erholen kann, muss allerdings viel Zeit vergehen. Und auch bei ambitionierten, langjährigen Versuchen gibt es keine Garantie, dass die Natur wieder zu ihrem ursprünglichen Zustand zurückfindet. Ein verändertes Gebiet trägt auch lange danach noch die Spuren des Eingriffs. Beispielsweise bleibt der Stickstoff- und Kohlenstoffkreislauf nachhaltig gestört und auch die Artenvielfalt erholt sich nicht zu hundert Prozent. In vielen Fällen ist das auch wegen der anderweitig genutzten Fläche nicht mehr möglich. Der Begriff “Renaturierung” im Sinne von “zurück zum ursprünglichen Zustand” ist in den meisten Fällen also nicht realistisch. Es wird daher eher von “Revitalisierung” gesprochen.

Fließgewässer sind ein dynamisches Ökosystem. Sie verändern ständig ihren Lauf, schwellen an und wieder ab, überschwemmen Auen und Ufer oder legen es brach. Die natürliche Strömung eines Flusses herzustellen ist daher Ziel der Revitalisierungsmaßnahmen. So kann zumindest ein Teil der Tier- und Pflanzenvielfalt zurückkehren. Das wird oft durch die Aufwertung des Flussbettes mit Strukturelementen, also Hindernissen, geschafft. Das bedeutet zum Beispiel, dass Bäume, Wurzelstöcke, Störsteine, Wurzelstöcke, Kiesschüttungen oder Dreiecksbuhnen in das Flussbett eingebaut werden, die die Strömung dann lenken.

Konflikte mit der Trinkwassergewinnung

17% des deutschen Trinkwassers wird bereits aus Flüssen oder Seen gewonnen. Das Wasser wird dabei durch eine Bodenpassage gefiltert und gelangt dann in die Brunnen der Wassergewinnung gelangt. Dieser Anteil wird in Zukunft mehr und mehr steigen. Allerdings stellt das einen Konfliktpunkt mit der Revitalisierung von Flüssen dar. Revitalisierung bedeutet oft, dass den Flüssen mehr Raum zum fließen gegeben wird, damit er wieder seine natürliche Strömung zurückerhalten kann: sogenannte Flussausweitungen. Das stellt in Punkto Trinkwassergewinnung folgendes Problem dar: die Strömung gewinnt mit den Flussausweitungen an Kraft und wird schneller. Die deutsche Gewässerschutzverordnung sieht vor, dass das Wasser mindestens 50 Tage im Grundwasser verblieben sein muss, damit es als Trinkwasser verwendet werden kann (zum Vergleich: in der Schweiz beträgt die Dauer 10 Tage). Diese Zeit soll dafür sorgen, dass es von Chemikalien und Keimen weitgehend gereinigt ist. Um die Verweildauer zu garantieren, gibt es sogenannte Wasserfassungen. Diese müssten größtenteils verlegt werden, damit die Reinheit des Trinkwassers weiterhin gewährleistet ist, was einen zusätzlichen Kostenfaktor bedeutet.